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Gedanken zu einer "Freien Welt"


Eine Freie Welt

Seit vielen Jahrhunderten sind die Menschen auf der Suche nach Freiheit, einer Ordnung und Frieden. Warum fassen wir nicht alle diese suchenden Kräfte zusammen und suchen gemeinsam eine Welt, die allen Menschen zum Vorteil und einem würdigen Leben gereicht?

Hunger ist entwürdigend. Menschen, die Hunger leiden, befinden sich in einem Zustand der Hilflosigkeit. Hunger ist eine Schande für jede Gesellschaft, für die gesamte Weltgemeinschaft. Oft ist es nicht körperlicher Hunger; es ist auch Hunger nach einem anderen, einem menschlichen und würdigen Leben.

Ein "Bürger", der schutzlos grossen sozialen Risiken ausgesetzt wird, verliert seine Eigenschaft als Bürger, er stimmt dem Staat und dessen Normen nicht mehr zu. Ein Mensch, der ständig um seinen Arbeitsplatz, seinen Lohn und seine Rechte fürchten muss, ist kein freier Mensch mehr. Er ist ein Sklave derer, die schon lange die Regierenden bestimmen, er ist Sklave der Oligarchen und Gierigen des globalisierten die Welt beherrschenden Finanzkapitals.

"Globalisierung ist täglicher Terror"  - schreibt "Der Spiegel" im September 2001.

Einzelstaaten und auch Staatengemeinschaften verbrauchen riesige Geldmittel für die Erforschung des Alls. Sicher ist dies eine Angelegenheit, die auch Ergebnisse in unserem täglichen Leben zeigt. Warum aber sorgen wir nicht erst einmal dafür, dass alle Menschen auf der Welt satt werden können? Viele Streitereien wären dann beseitigt und Mittel und Kräfte, die heute für gewalttätige Auseinandersetzungen aufgewendet werden (das Wort „Krieg“ wird ja schönend häufig vermieden, rückt aber immer weiter in den Vordergrund) und auch für Rüstung als Abschreckung mit Bildung eines militärischen Gleichgewichtes heute nicht mehr unbedingt „feindlicher“ Staaten stünden für Aufgaben zur Verfügung, die das Miteinander weiter verbessern können.

Wir sind alle nicht frei - obwohl wir doch immer wieder behaupten, im freien Teil der Welt zu leben. Auch in den so genannten demokratischen Staaten leben wir unter dem Zwang, den uns eine Minderheit auferlegt. Es sind Minderheiten, die wirtschaftlich bestimmen, die über die frei gewählten „Volksvertreter“ (sie behaupten und meinen frei gewählt worden zu sein, ich nenne solche Menschen auch "Demoskopie Demokraten") auch durch die Macht des Staates das tägliche Leben bestimmen.

In unserer „Freien Welt“ existieren Minderheiten - auf nationalen, von Bündnissen geprägten und weltweiten Staatsgebilden -, die nicht eingeordnet sind. Vielleicht ist es eine Frage der Zeit und dem Wachsen solcher Minderheiten (Menschen ohne Perspektiven für ihr zukünftiges Leben zum Beispiel) bis diese Minderheiten die Kraft und Macht entwickeln, eine als gut und fortschrittlich angesehene Gesellschaft physisch wirkungsvoll zu bekämpfen. Bislang stellen diese Minderheiten das Funktionieren des Ganzen noch nicht wirklich in Frage.

Begonnen hatte das schon einmal so: der Ursprung lag im Kongo 1964. Tschombé, Präsident der abtrünnigen Provinz Katanga, hatte den gewählten Präsidenten  Lumumba ermorden lassen. Katanga ist eine Region mit grossen Rohstoffvorkommen, für die sich Industrieländer interessierten. Tschombé wurde nach Berlin eingeladen und vom damaligen Regierenden Bürgermeister Brandt empfangen. Anlässlich dieses Besuches kam es zu den ersten Demonstrationen deutscher und ausländischer Studenten. Rudi Dutschke konnte über eine kleine Gruppe von Freunden den SDS zur Teilnahme an dieser Aktion gewinnen.

Die Demonstration auf dem Vorplatz des Flughafens Tempelhof am 18. 12. 1964 ist genehmigt. Die Demonstranten warten aber vergeblich auf den Staatsgast Tschombé; er wurde durch einen Seitenausgang aus dem Flughafengelände geleitet. Spontan setzt sich ein Protestmarsch in Richtung auf das Schöneberger Rathaus in Bewegung. Zum Rathaus gelangen sie in der Bannmeile in kleinen Gruppen als „Marktbesucher“.

Die Gruppe um Rudi hat es an diesem Tag geschafft, dass eine zunächst genehmigte Demonstration illegal fortgesetzt wurde. Die Forderung ist:

   „Genehmigte Demonstrationen müssen in die Illegalität überführt                werden. Die Bedingungen dafür müssen günstig sein (…). Künstliche           Radikalisierung, das heisst aus nichtigen Anlässen unbedingt etwas        machen zu wollen, ist unter allen Umständen abzulehnen.“ [1]

Dutschke, seine Freunde und der SDS hatten die Idee zur gesellschaftlichen Veränderung, zur Revolution. Den Weg hierzu suchten sie nicht in Aktionen mit Gewalt; sie suchten ihn in der geistigen Auseinandersetzung mit den Schriften und Theorien von Marx und anderer Autoren und dadurch veranlasster Diskussionen und Meinung anerkannter Wissenschaftler. Dutschke fordert allerdings, dass notwendige Veränderungen von der Mehrheit des Volkes auszugehen habe.

Heute vermisse ich in den Diskussionen der politischen Parteien die Auseinandersetzungen mit den theoretischen Grundlagen ihrer Maxime und Programme, die noch in den 60er Jahren stattfanden. Woran liegt das? Ein Grund mag sein, dass in unserer Zeit Parteien aller Richtungen weitgehend beeinflusst werden von Angestellten im öffentlichen Dienst, Beamten, Juristen und Menschen, die sich über eine Ochsentour über Ortsgruppen, Kreis- und Landesverbände hochgedient haben zu mehr oder weniger einflussreichen Posten. Es steht nicht mehr die theoretisch-philosophische Auseinandersetzung der Meinungen und die Möglichkeiten zur Verwirklichung im Vordergrund; ausschlaggebend sind realpolitische Fragen, deren Ergebnis letztlich sein muss, eine politische Wählermehrheit zu finden, die wiederum zum Erlangen des eigenen Machtstatus und damit persönlicher und wirtschaftlicher Vorteile notwendig ist. Die Politik wird frei von ideologischen Fragen und aktive Teilnahme daran dient ausschliesslich der Schaffung eines persönlichen Machtspektrums. Wobei ich hier anmerken sollte, dass schon Ludwig Erhard von einer formierten Gesellschaft sprach, in der gesellschaftliche Widersprüche überdeckt werden sollten durch Gemeinschaftsinteressen. Offensichtlich liegt es auch in der Mentalität der deutschen Bevölkerung, jedwede Autorität der Obrigkeit anzuerkennen.

Wie soll sich auch innerhalb der Parteienlandschaft eine theoretisch - ideologische Diskussion entwickeln? Studenten, ja selbst Schüler, sind heute eingebunden in den Leistungsdruck der Gesellschaft. Wo hört man noch von ideologischen Diskussionen in der Studentenschaft? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Welt besser geworden ist in den vergangenen 50 Jahren und kein Diskussionsbedarf mehr besteht! Übt hier die politische Führung vielleicht indirekten Druck aus um für sie unbequeme Auseinandersetzungen zu verhindern?

Gestreikt wird heute wegen materieller Forderungen. Von Vorlesungsstreiks wie sie in den 60er Jahren stattfanden, etwa an der Freien Universität Berlin gegen das Redeverbot von Erich Kuby, an dem etwa 90% der Studierenden sich beteiligten, gibt es heute nicht mehr. Sind die Studenten heute durch den gesellschaftlichen Leistungsdruck angepasst ohne Raum für unangenehme Fragen?

In der Präambel der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten heisst es: (Zitiert nach Wikipedia aus einer Übersetzung der deutschsprachigen Zeitung Staatsbote aus Philadelphia)

      „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich      erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen                        unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und         das Streben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser             Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind,                 welche     ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten             herleiten; dass     sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken             verderblich wird, es das     Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder         abzuschaffen, und eine neue     Regierung einzusetzen, die auf solche         Grundsätze gegründet, und deren     Macht und Gewalt solchergestalt         gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung         ihrer Sicherheit und                 Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket."

Die Unabhängigkeitserklärung ging in die amerikanische Verfassung ein, die auch wiederum Einfluss auf die Erklärung in der Paulskirche 1845 fand. Handeln wir heute nach diesen Grundsätzen, oder werden wir danach behandelt?

Anmerkung: Würde ich sagen, dass ich Anarchist bin oder anarchistische Gedanken habe, wäre ich von Beginn an stigmatisiert. Ich wäre in unserer angepassten Gesellschaft in eine negativ besetzte Schublade eingeordnet, die nicht in die vorherrschende Meinung der Gesellschaft passt.

Dennoch will ich sagen: Sollten anarchistische Tendenzen festgestellt weden, sind solche nicht ungewollt. Sie bewegen sich jedoch immer auf dem Boden der so genannten demokratischen Grundordnung.



[1] Zitiert aus: Ulrich Chaussy, Die drei Leben des Rudi Dutschke



Was sagen und erklären mir unsere "Volksvertreter" - ich frage sie mit
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